Veranstaltung in der VHS-Unstrut-Hainich mit Dominik Frank, JVA Tonna
Am 07. November 2024 fand in der Volkshochschule Unstrut-Hainich in Mühlhausen eine aufschlussreiche Veranstaltung statt, die tiefgreifende Einblicke in die Realitäten des Strafvollzugs vermittelte. Unter dem Titel „Strafvollzug – Was passiert hinter den Gefängnismauern?“ lud die Veranstaltung Interessierte dazu ein, mehr über den Alltag und die zentralen Aufgaben innerhalb der Justizvollzugsanstalten (JVA) zu erfahren. Dominik Frank, Abteilungsleiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tonna, gewährte den Teilnehmern dabei durch seinen Vortrag und die anschließende Fragerunde spannende Perspektiven auf den modernen Strafvollzug in Deutschland.
Der Strafvollzug im modernen Rechtsstaat: Aufgaben und Zielsetzungen
Frank beleuchtete die wesentlichen Funktionen und Ziele, die den modernen Strafvollzug prägen und maßgeblich bestimmen. Die Kernaufgaben des Strafvollzugs lassen sich in vier zentrale Bereiche gliedern: Resozialisierung, Sicherung, Bestrafung und Erziehung der Inhaftierten. Ziel ist es, die gesellschaftliche Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig den Inhaftierten eine Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen. Das deutsche Strafvollzugswesen orientiert sich dabei an humanistischen Prinzipien und beruht auf dem Zitat von Leo Tolstoi (1828 – 1910): „Um einen Staat zu beurteilen, muß man sich seine Gefängnisse von innen ansehen.“ Dieses Zitat dient als Leitbild für einen Rechtstaat, der den Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Balance zwischen Sicherheit und Menschlichkeit wahrt.
In der JVA Tonna werden derzeit rund 500 Inhaftierte untergebracht – jeder in einer eigenen Zelle. Diese Einzelunterbringung wird unter rechtsstaatlichen Bedingungen gestaltet und ist für die Sicherheit und das Wohl der Insassen entscheidend.
Resozialisierung und Sicherung als Schlüsselaufgaben
Dominik Frank betonte insbesondere die Wichtigkeit der Resozialisierung. Die Rückkehr in ein straffreies Leben setzt voraus, dass Inhaftierte während ihrer Haftzeit umfassende Möglichkeiten erhalten, sich persönlich weiterzuentwickeln. Es handelt sich dabei um ein Kernziel des modernen Strafvollzugs, der Inhaftierte als Individuen betrachtet, die eines Tages wieder Teil der Gesellschaft sein werden.
Ebenso wichtig ist die Sicherung der Gesellschaft, welche durch räumliche Trennung und eine klare Kontrolle über den Tagesablauf der Inhaftierten gewährleistet wird. Frank betonte, dass die Sicherheitsvorkehrungen strikt und hochentwickelt sind, um Gefahren sowohl für die Gesellschaft als auch innerhalb der JVA selbst zu minimieren.
Gesundheitsversorgung, Ausbildungsprogramme und Freizeitangebote
Ein bedeutender Teil des Vortrags widmete sich den umfassenden Angeboten in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Ausbildungs- und Arbeitsprogramme sowie Freizeitgestaltung für Inhaftierte. Die Gesundheitsfürsorge in der JVA Tonna umfasst sowohl die medizinische als auch psychologische Betreuung der Insassen. Dadurch wird nicht nur das physische, sondern auch das mentale Wohl der Inhaftierten sichergestellt, ein essenzieller Bestandteil des Vollzugsalltags.
Die berufliche Ausbildung und Arbeit nehmen eine zentrale Rolle im Strafvollzug ein, da sie die Grundsteine für eine spätere Wiedereingliederung der Häftlinge legen. In der JVA Tonna können Inhaftierte berufliche Qualifikationen erlangen und sich in einem strukturierten Arbeitsumfeld erproben. Diese Angebote tragen entscheidend zur Förderung von Eigenverantwortung und zur Vorbereitung auf ein Leben außerhalb der Mauern bei.
Die Sport- und Freizeitprogramme dienen nicht nur der physischen Fitness, sondern auch der sozialen Interaktion und psychischen Stabilität der Inhaftierten. Ein geregelter Tagesablauf, der Sport und Freizeit sinnvoll integriert, ist ein grundlegender Faktor zur Schaffung einer geordneten und disziplinierten Umgebung.
Alltag und Disziplin: Sicherheit als kontinuierliche Herausforderung
Dominik Frank gewährte zudem Einblicke in die praktischen Herausforderungen der Sicherheit und Disziplin in der JVA. Die Einhaltung von Ordnung und die kontinuierliche Kontrolle aller Abläufe hinter den Mauern sind entscheidende Aufgaben, die das Personal täglich leisten muss. Die Sicherheitsstruktur basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Vollzugsbeamten und anderen Fachkräften und gewährleistet eine stabile Ordnung im Alltag der JVA.
Vorurteil „Kuschel-Justiz“ – Realität und rechtsstaatliche Bedingungen
In der anschließenden Diskussion räumte Frank mit dem Vorurteil der sogenannten „Kuschel-Justiz“ auf. Immer wieder wird der deutsche Strafvollzug von außen als zu mild und zu nachsichtig bezeichnet. Doch Frank machte deutlich, dass die Unterbringung in der JVA nach rechtsstaatlichen Bedingungen keineswegs als Nachsicht interpretiert werden darf. Vielmehr wird der Freiheitsentzug in Deutschland durch ein System geprägt, das Menschlichkeit und Sicherheit gleichermaßen berücksichtigt. Die Inhaftierten erleben ihre Haft als eine klare Einschränkung, die sie auf den rechtlichen Konsequenzen ihres Verhaltens hinweist, jedoch ohne unnötige Härte und Brutalität.
Ein Fazit mit regem Interesse und offenen Fragen
Die Veranstaltung endete mit einer lebhaften Fragerunde. Das Publikum zeigte reges Interesse an den praxisnahen Einblicken in den Strafvollzug, und Dominik Frank nahm sich viel Zeit, um die Fragen der Anwesenden detailliert und sachkundig zu beantworten. Es wurde deutlich, dass das Thema Strafvollzug und die Bedingungen innerhalb einer JVA viele Aspekte berührt, die für die Öffentlichkeit oftmals undurchsichtig bleiben. Die Antworten von Frank vermittelten eine fundierte und realitätsnahe Sicht auf die Herausforderungen und Leistungen, die hinter den Mauern einer Justizvollzugsanstalt erbracht werden.
Thomas Koßwig, Vorsitzender der Vereinigung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter – Sachsen-Anhalt/Thüringen e.V. (VER-SAT) bedankte sich im Anschluss im Namen des Verbandes persönlich bei Herrn Frank für die gelungene Veranstaltung und die Unterstützung von Seiten der JVA-Tonna.
Die Veranstaltung in der Volkshochschule Unstrut-Hainich bot somit wertvolle Einblicke in den Strafvollzug und dessen Rolle im modernen Rechtsstaat. Dominik Frank gelang es, die komplexen und vielschichtigen Aufgaben des Strafvollzugs verständlich zu vermitteln und gleichzeitig ein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines balancierten Systems zu schaffen.