Schöffinnen und Schöffen zu Besuch in der JVA Hohenleuben
Ein Gefängnis von innen sehen, nicht als Zuschauer in einem Film, sondern hautnah und mit allen Sinnen? Genau das erlebte eine Gruppe von 15 ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern am 27. Februar 2025 bei ihrem Besuch in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben.
Zwischen Tradition und Zukunft: Eine Anstalt im Wandel
Die JVA Hohenleuben ist die älteste Haftanstalt im Freistaat Thüringen. Doch ihre Tage sind gezählt – die Schließung steht fest, ein moderner Neubau in Zwickau wird sie bald ersetzen. Ein Blick hinter die Mauern dieser historischen Einrichtung war also nicht nur eine besondere Gelegenheit, sondern auch eine der letzten Möglichkeiten ein Stück Strafvollzugsgeschichte zu besuchen.
Führung mit Fachkompetenz und Offenheit
Regierungsdirektor Andreas Budan, der Anstaltsleiter, führte die Gruppe persönlich durch die verschiedenen Bereiche der Einrichtung. Werkstätten, Hafträume, Freizeitbereich. In einem knapp einstündigen Vortrag wurden von Regierungsrat Sebastian Spannknebel die rechtlichen Rahmenbedingungen des thüringischen Strafvollzugs präzise und verständlich erläutert.
Welche Herausforderungen bringt der Haftalltag mit sich? Welche Perspektiven haben die Insassen? Fragen dieser Art waren ausdrücklich erwünscht und wurden kompetent beantwortet.
Arbeit, Bildung und Resozialisierung: Chancen hinter Gittern
222 Haftplätze im geschlossenen, 20 im offenen Vollzug, 148 Bedienstete – Zahlen, die für sich sprechen. Doch hinter ihnen stehen Menschen und ein System, das mehr ist als Strafe. In der hauseigenen Druckerei oder dem Fensterbau arbeiten Inhaftierte an hochwertigen Produkten. Wer (noch) nicht für eine wirtschaftlich ergiebige Tätigkeit bereit ist, findet in einer arbeitstherapeutischen Werkstatt einen Einstieg.
Darüber hinaus gibt es vielfältige Programme zur Unterstützung der Gefangenen: psychologische Betreuung, Sozialdienst, Seelsorge. Trainings zur Impulskontrolle, Programme zur Extremismus-Prävention und Deradikalisierung sowie familienorientierte Angebote sollen nicht nur den Haftalltag strukturieren, sondern echte Perspektiven für die Zeit nach der Entlassung schaffen.
Ein Denkanstoß: Pflichtbesuch für alle Schöffen?
Am Ende des Rundgangs waren sich alle Teilnehmer einig: Dieser Besuch war eine wertvolle Erfahrung. Strafrechtliche Entscheidungen trifft man nicht im luftleeren Raum – wer über das Schicksal anderer Menschen mitbestimmt, sollte wissen, was eine Haftstrafe in der Praxis bedeutet.
Ein solcher Einblick gehört eigentlich zur Grundausbildung eines jeden ehrenamtlichen Richters in der Strafjustiz. Denn nur wer weiß, was hinter den Mauern passiert, kann die Tragweite seines Urteils wirklich erfassen.
Unser Dank gilt Anstaltsleiter Andreas Budan und Regierungsrat Sebastian Spannknebel für ihre Offenheit und die fundierte, eindrucksvolle Führung. Sie haben uns nicht nur Türen geöffnet, sondern vor allem neue Perspektiven vermittelt.